Mit seinem Restaurant "Le Duc" will The Duc Ngo beweisen, dass er einen Stern erkochen kann. Bis es soweit ist, findet das Spektakel als Supperclub-Pop-up statt. Ein Besuch
“Mehr Kaviar!”, sagt The Duc Ngo beim Anrichten des ersten Hauptganges und die Messlatte für den gesamten Abend ist damit klar definiert. Zusammen mit drei Kollegen beugt sich der Koch und Multigastronom an seinem hochglanzpolierten Edelstahl-Küchenblock, der “so viel kostet wie ein Auto”, über Seeteufel, Kalbsbries und Tonkotsu mit Foie-Gras-Sauce. Eine schwarze, mehrarmige Lampe ragt von der Decke wie eine Krake und lässt die Szenerie mit ihrem Spotlight wirken wie die moderne Version eines Da-Vinci-Gemäldes.
In einer Charlottenburger Altbauwohnung, deren einstige Herrschaftlichkeit durch unverputze Wände einen morbiden Charme erhält, nimmt seit dem vergangenen Oktober Ngos bisher ambitioniertestes Projekt “Le Duc” in Form eines temporären Supperclubs Gestalt an. An jeweils einem Wochenende im Monat können 14 Gäste ein Zehn-Gang-Seafood-Menü (350 Euro inklusive Wein- oder alkoholfreier Begleitung) erleben. An einem weiteren Tag wird in aufeinanderfolgenden 90-Minuten-Slots Ramen serviert (55 Euro inklusive einem begleitenden Gericht, Tee und Dessert). Die Tickets sind unter Foodies heiß begehrt.
Dass es sich beim “Le Duc Salon” um ein Pop-up-Event handelt, ist The Duc Ngo wichtig zu betonen. “Das ist hier quasi privat.” Dem 48-Jährigen gelingt die Illusion, man sei zu einer sehr exklusiven und doch familiären Dinnerparty eingeladen. Je später der Abend, desto ausgelassener werden die Tischgespräche an der langen Tafel. Die große doppelflügelige Schiebetür zur Küche steht die ganze Zeit über offen, zu Besuchen zwischen den Gängen wird explizit eingeladen.
Als der Berliner vor über zwei Jahren mit der Planung für sein Fine-Dining-Konzept begann, war die Wohnung über seinem Restaurant “Madame Ngo” ursprünglich als permanenter Standort vorgesehen. Weil er dafür keine Genehmigung bekam, verzögerte sich die Eröffnung. Nach aktuellem Stand soll es im Spätsommer so weit sein. Wo? Natürlich auf der Kantstraße, direkt neben dem “Kuchi”. 1999 eröffnete The Duc Ngo hier sein erstes Sushirestaurant, in unmittelbarer Nachbarschaft kamen seitdem das “Madame Ngo”, “Funky Fish”, „893 Ryōtei“ und „Ngo Kim Pak“ hinzu. Insgesamt betreibt Ngo 18 Restaurants in Berlin, Frankfurt, Baden-Baden, Braunschweig und Saint Tropez. Sein USP: sexy asiatische Crossover-Küche, stylisches Interior Design, guter Service, hohe Produktqualität und ab und zu ein paar Promis. Andere können vielleicht besser kochen, so Ngo, doch diese besondere Mischung gebe es nur bei ihm.
Nach fast 25 Jahren im Geschäft soll sich letzteres nun ändern. Zumindest im “Le Duc”. Sein guter Freund Michel Friedman habe zu ihm gesagt, seine Restaurants seien zwar ganz nett, aber “ich habe das Gefühl, du machst das mit der linken Hand”. Ngo überlegte und fand, dass Friedman recht hatte. “Ich habe jetzt Lust, mich anzustrengen”, sagt er. Aber natürlich gehe es auch darum, sich, seinen Gästen und Kritikern zu beweisen, dass er es kann. Für drei Sterne fehle ihm die Zeit, sagt The Duc Ngo, einer sei locker drin.
Um dieses Ziel zu erreichen, machte sich Ngo auf die Suche nach der Idealvorstellung von einem Restaurant, in dem er selbst gerne essen würde. Er fragte sich: Wo habe ich in der Vergangenheit so gut gegessen, dass ich weinen musste? Bei meiner Mutter und bei meiner Oma! Welcher Koch hat mich zuletzt besonders beeindruckt? Dylan Watson-Brawn aus dem “Ernst”, der japanischer koche als ein Japaner, Björn Frantzén, der nordische Küche mit japanischen Einflüssen kombiniert! Ngo unternahm Inspirationsreisen, unter anderem zu allen Drei-Sterne-Restaurants Deutschlands, und entwarf ein Design-Konzept mit seiner langjährigen Vertrauten Hyunjung Kim. Das vorläufige Ergebnis präsentiert sich an den Seafood-Abenden im “Le Duc Salon”.
Gerichte wie Chawanmushi, Seeteufelpaté mit Norimayonnaise und Unagisauce auf Brioche, Tintenfisch mit Knochenmark, Schwarzwurzel und Thaibasilikum oder Tuna Tataki XO spiegeln seine Interpretation der Eleganz und Leichtigkeit der japanischen Küche, ergänzt um die reduzierte Einfachheit der Nordic Cuisine und mit Elementen der Wucht der Franzosen. Alles mit dem Anspruch der besten Produktqualität, die weltweit zu bekommen sei. Darunter auch Luxusklassiker wie Jakobsmuschel, Kaviar, Kaisergranat, Foie Gras und Trüffel, die gleichmäßig über das Menü verteilt und im Einzelfall zusätzlich mit Blattgold versehen werden.
Um seine Vision zu verwirklichen, will The Duc Ngo im “Le Duc” zukünftig wieder selbst in der Küche stehen. Auch im “Le Duc Salon” ist er jedes Mal dabei, bestreitet den Abend mit zwei bis drei Kollegen in der Küche und betätigt sich gleichzeitig als Gastgeber. Jeder Teller wird von ihm mit einer Gebrauchsanweisung – “Macht mal die Augen zu, spürt mal den Fisch”, “einfach mal mit dem Löffel rein” – und unprätentiösen Geschmacksanalysen – “eine Schweinerei”, “unsere Version eines Überraschungseis”, “ein Hauptgang, der euch um die Ohren fliegt” – versehen. Das ist kurzweilig, trotz aller Opulenz. Den besonderen Duc-Stil hat er auch hier gefunden.
350 Euro inklusive Wein- oder alkoholfreier Begleitung. Tickets unter https://leducberlin.de/
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