Im ehemaligen "Nola‘s" im Weinbergspark hat im Sommer 2022 das "Coccodrillo" eröffnet. Der Italiener steht in einer Reihe mit den Neuzugängen "Bellboy Bar" und "Frederick‘s": Restaurants mit durchgestyltem Over-the-Top-Interior für die Instagrammability, einer hauseigenen Bar, einer Karte irgendwo zwischen soliden Klassikern und Casual Fine Dining und das alles an einem herausfordernden Standort. Das "Nola's", weil emotional besetzte Kiezinstitution, der Gendarmenmarkt, weil Touristenhochburg und das Sony Center, weil nach dem Aus für das Cinestar aktuell fast komplett verwaist. Erdacht wurden sie von Nicht-Berlinern, die -- dem Anschein nach -- sehr viel Geld in die Hand genommen haben.

Hinter dem „Coccodrillo“ im Volkspark am Weinberg steckt die französischen Big Mamma Group. Die Gründer Victor Lugger und Tigrane Seydoux verbindet eine Leidenschaft für Italien und gutes Essen, 2015 haben sie mit dem „Ober Mamma“ in Paris ihr erstes Restaurant eröffnet. Mittlerweile sind es 20 in Frankreich, Großbritannien und Spanien. Mit dem „Coccodrillo“ sollen nun die Berliner:innen für „die Wärme und Großzügigkeit einer italienischen Trattoria, kombiniert mit dem richtigen Maß an Verrücktheit“ begeistert werden.
Was mit Verrücktheit gemeint sein könnte, zeigt sich direkt nach dem Eintreten: rote Wände und Polster, Neonschilder, Zebrateppich, Fischgrätparkett, eine Bibliothek, Kunstwerke von Fiorucci und dazu traditionell italienische Keramik. Überall passiert etwas, selbst auf der Toilette setzt sich die Reizüberflutung fort. Dazu tönen die Italodisco-Vibes natürlich auch aus den Lautsprechern.
Lugger und Seydoux hat es bei der Suche nach einer Berliner Location aber ausgerechnet die urbane Beschaulichkeit Mitten im Park angetan: Von der Terrasse aus blickt man direkt ins Grüne und kann die Zumutungen der Stadt für eine Weile hinter sich lassen. In Paris müsse man für so einen Ort schon in den Bois de Boulogne fahren.
Angesichts des wilden Designmix aus 50er-Jahre American Diner, Wes-Anderson-Überhöhung und italienischem Schnörkelkitsch ist die Karte dann überraschend klassisch. Neapolitanische Pizza, Rindercarpaccio, Burrata, Trüffelpasta und Tiramisu zu fairen Preisen sind darauf zu finden. Beim Schirmchen im Nocciola-Eisbecher zum Abschluss werden Kindheitserinnerungen an den Italienurlaub mit den Eltern wach. Dass alles auch genau so schmeckt, liegt an den Produkten von handverlesenen Produzent:innen aus Italien und einem fast ausschließlich italienischen Team rund um Küchenchef Fabio Fisicaro.

Von der traditionellen Trattoria zurück zur verspielten Verrücktheit geht es an der Bar. Die Drinks heißen Britney Spritz, Killer Colada oder Let That Man Go Mule und werden schon mal in einem Pin-up-inspirierten Becher aus nackten Keramikbrüsten serviert. Die Weine stammen wiederum aus Italien, beim Bier wurde eine Kooperation mit den Berlinern von Brlo eingegangen.

Ob sich diese Art von Erlebnisgastronomie in Berlin durchsetzen wird? Das "Coccodrillo" jedenfalls ist derzeit am Abend über Wochen fast komplett ausgebucht. Neben der Abendkarte gibt es ein Lunch-, am Wochenende ein Brunchangebot.
"Coccodrillo": Veteranenstraße 9, 10119 Berlin. Mehr Informationen und Reservierungen hier.
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