Das "November" an der Husemann- Ecke Sredzkistraße kennen viele Prenzlauer Berger schon seit den 90er-Jahren. Ende Juni 2022 hat in der einstigen Kiez-Institution nun die lettische „The Catch Family“ ihre zweite Berliner Dependance eröffnet. Ich war zu diesem Anlass zum ersten Mal dort und konnte der neuen japanischen Brasserie unter altem Namen ganz ohne Nostalgie begegnen.
Draußen gibt eine eine schöne, grüne Terrasse, die sich im Sommer harmonisch in die Umgebung fügt. Drinnen aufgeräumten Bauhausstil, was zusammen mit dem erhalten gebliebenen dunklen Holzparkett für eine aufgeräumte und doch warme Atmosphäre sorgt.
Schon am Empfang ist der freundlich-entspannte Service direkt zur Stelle. Das Team spricht fast ausnahmslos Englisch -- was in Berlin grundsätzlich keine Besonderheit ist. Im "November" allerdings schon, denn hier arbeiten zum größten Teil geflüchtete Profi-Gastronom:innen, viele aus der Ukraine und Belarus. Küchenchefin Hanna Papruha floh 2020 aus Belarus in die Ukraine, wo sie die vergangenen zwei Jahre im Hotel „Shelest“ unweit von Kiew tätig war.
Barchef Vasily Sapunkov floh nach den Wahlen im Jahr 2020 aus seiner belarussischen Heimat ebenfalls nach Kiew und zuletzt über Warschau nach Berlin. Sushi-Chef Ruslan Kim ist gebürtiger Koreaner und in der Ukraine aufgewachsen, Restaurantmanager Artiom Gudinskiy stammt aus Minsk, emigrierte 2020 in die Ukraine und nur zwei Jahre später, nach Kriegsausbruch, nach Berlin.
Auf der saisonal wechselnden Karte stehen Gerichte wie Kohlrabi-Salat, Rindertataki und knusprige Austernpilze zum Start, gebratener Oktopus, Entenbrust oder Brokkoli mit Erdnuss als Hauptgang und Schokoladen-Yuzu-Kuchen oder Passionsfruchtcreme zum Dessert. Als Hommage an das alte "Café November" ist das Schnitzel geblieben, japanisch interpretiert mit Kombubutter-Kartoffel.
USP ist jedoch eindeutig die Raw Bar, die mitten im Restaurant platzierten ist, und an der Ruslan Kim Nigiris, Sashimi, Carpaccios und Tatars zubereitet. Unbedingt zu empfehlen ist der Degustationsteller mit Fisch des Tages, ein Highlight ist der fingerdick geschnittene Thunfisch, der so fett-marmoriert ist, wie man es sonst nur vom Wagyu kennt. Serviert wird dazu Ponzu-, Ingwer- oder Yuzu-Trüffel-Soße für ungewöhnlich frische Geschmackskombinationen abseits der gewohnten Sushi-Trampelpfade. Für die extrem hohe Qualität wird größtenteils direkt von Fischmärkten in Spanien und Japan importiert.
Die Cocktail-Karte von Vasily Sapunkov kombiniert altbewährte Drinks wie Gimlet, Gin Tonic oder Americano mit japanisch inspirierten Aromen wie Yuzu, Ingwer, Kaffirlimette oder Litschi. Tokyo Mule, Shiso High oder Mimasia funktionieren als Food-Pairing ebenso gut wie für sich allein. Daneben gibt es eine Wein- und Sake-Auswahl.
November, Husemannstraße 15, 10435 Berlin. Mehr Informationen und Reservierungen hier.
Comments